Auf meiner Tour durch den Süden von Norwegen habe ich auch ein paar Flüge mit dem Gleitschirm gemacht. In Norwegen ist das Starten fast überall erlaubt. Zonen rund um Flughäfen und Nationalparks sollte man meiden, doch sonst sind dem Fliegen so gut wie keine Grenzen gesetzt. Das spannende für mich in diesem neuen Outdoor-Bereich ist natürlich die Erkundung von Start- und Landeplätzen. Dabei gehen mir ständig Dinge wie Windrichtung, mögliche Lee Bereiche, Talwindsysteme und sonstige Gefahren durch den Kopf. Doch wer selbständig werden will muss lernen.
Ich bin nun schon ein paar Tage in Norwegen unterwegs. Es wird also Zeit für den ersten Flug. Meine Route verläuft heute quer durch die Hardangervidda auf der Straße Nr. 7. Immer wieder schaue ich aus dem Fenster um einen guten Platz für meinen ersten Flug in Norge zu finden. Das Problem dabei ist es nicht einen tollen Startplatz zu suchen sondern eher einen Landeplatz. Hier oben in der Vidda gibt es entweder viele große Steine, oder viele kleine und große Büsche, am Boden.
Bei der Auffahrt vom mächtigen Eidfjord erkenne ich plötzlich den idealen Platz. Im Tal ein Golfplatz als Notlandewiese und rechts davon ein kleiner Berg mit vielleicht 300 – 400 Metern Höhenunterschied. Wenige Minuten später parke ich meinen Bus auf einem Schotterfeld und packe alles zum Fliegen zusammen.
Nach 30 Minuten Vorbereitungszeit beginnt der Aufstieg. Zuerst muss ich durch eine kleine Ferienhaussiedlung und später durch unwegsames Gelände immer weiter bergauf. Oft muss ich die Hände zu Hilfe nehmen um durch Büsche und über kleine Steilstufen zu kommen. Nach etwas über einer Stunde bin ich nun endlich aus dem Buschwerk raus.
Ab hier geht es über Schrofengelände und kleine Felsstufen immer weiter Richtung Gipfel. Dieser wird von mir überquert, denn mit einsetzender Dämmerung haben sich auch die Windverhältnisse etwas geändert. Der Wind kommt nun ziemlich genau von Westen und somit muss ich in die von meinem Auto abgelegene Seite starten. Als weiteres gilt es zu prüfen, ob ich noch einen Platz zum Landen finde.
Bald nach der Überquerung finde ich einen geeigneten Platz zum Starten in Richtung Westen. Der Schirm ist schnell ausgelegt und beim zweiten Anlauf bin ich in der Luft. Da mein Startplatz sehr klein war und der Schirm nicht sauber hoch kam habe ich den ersten Versuch leider abbrechen müssen.
Aber dieser Umstand ist jetzt egal, ich fliege über Norwegen. Ein schönes Gefühl, zum ersten Mal dieses großartige Land aus der Vogelperspektive zu erkunden. Mein Flug führt hinüber zum kleinen Golfplatz und einer gemähten Wiese. Ich spüre schon bald, dass die Höhe nicht ausreicht um zum Auto zurück zu fliegen. Also lande ich den Schirm wenige Minuten nach dem Start neben einem kleinen Bauernhaus, direkt an der Straße.
Eine Anwohnerin spricht mich voller Interesse an und wir halten einen kleinen smaltalk. Danach raffe ich den Schirm zusammen und marschiere in 30 Minuten zu meinem Bus zurück.
Am nächsten Morgen steht ein weiterer Flug an. Ich habe eine kleine Felskuppe heraus gesucht. Die Höhe ist zwar nicht berauschend, aber etwas Training auf felsigem Boden kann ja nicht schaden.
Der Aufstieg dauert ungefähr 30 Minuten und schon bin ich an einer kleinen Funkstation angekommen. Starten kann man hier oben in alle Richtungen, und das ist das schöne an den freien Kuppen. Der Wind pfeift recht ordentlich hier oben, und so starte ich rückwärts von dem kleinen Felsklumpen aus. Für die Landung kann ich mich zwischen Felsen und Sumpf entscheiden, also was will das Fliegerherz mehr. Nach einem kurzen Soaring an einer kleinen Felskante steht schon der Landeanflug an. Unweit von meinem Bus entfernt setze ich auf einem in dem Boden eingewachsenen Felsen auf. Eine schöne Beschäftigung am frühen Morgen.
Von diesen Erfahrungen gestärkt greife ich am Mittag erneut an. Die Landschaft ist etwas thermisch aktiv und somit finden sich gute Bedingungen zum Fliegen. In der Nähe von Geilo habe ich wohl den richtigen Platz für einen schönen Flug gefunden.
Mein Aufstieg verläuft erst über ein paar Wiesen und später durch unwegsames Gelände. Bald folge ich einer bewachsenen Schotterrinne bis in die Gipfelregion einer kleinen Bergkette. Hier oben stehen keine Bäume mehr, also sollten es doch gute Bedingungen für einen Start sein. Nach ein paar Minuten Suche entscheide ich mich für einen Platz oberhalb einer mittleren Steilstufe. Da bekommt der Schirm zwar kurz nach dem Start einen starken Aufwind, aber von hier dürfte es am besten zum starten sein.
Nachdem ein kleines Leinenproblem schnell behoben ist starte ich ins Tal. Wie erwartet schüttelt es meinen Schirm sofort nach dem Start kräftig durch, doch der Zauber ist nach ein paar Sekunden vorbei. Mit ein paar Kreisen über dem bewaldeten Hang schwebe ich ins Tal. Als Landeplatz dient eine Wiese mit Heuballen, die man nach Möglichkeit nicht treffen sollte. J
Damit habe ich nun den dritten Flug auf meinem Konto und langsam wird mein Verstand wohl übermütig.
Am Abend suche ich noch unbedingt eine Möglichkeit einen Abgleiter zu machen. Meine Entscheidung fällt auf einen kleinen Steinhügel, ca. drei Kilometer von der Straße entfernt. Leider sollte es eine folgenschwere Entscheidung sein. Ich versuche dreimal zu starten, doch jedes Mal bleibt eine Leine an einem der zahllosen Steine hängen. Beim dritten Versuch reißt eine dünne Steuerungsleine am Untersegel durch.
Voller Frust trete ich den Rückmarsch an.
Das Fliegen ist damit leider ausgesetzt, doch ich mache in der folgenden Woche noch etwas Groundhandling und ein paar kleine Hopser an einem Wildnis-Übungshang.
Die Tour war auf jeden Fall eine Tolle Erfahrung und ich habe Lust auf mehr!!!