Es geht in diesem Sommer wieder einmal mit dem Motorrad nach Skandinavien. Ich habe mir den TET-Schweden ausgesucht um nach Lappland zu kommen. Dort plane ich einige Berge zu besteigen und mit dem Gleitschirm ins Tal zu fliegen. Soweit der Plan.
Mit der Fähre geht es von Rostock nach Schweden und schon nach einigen Kilometern bin ich auf der Strecke des TET (Trans-Euro-Trail). Ich bin zwar schon etwas müde, doch die Freude über die ersten Kilometer auf Schotter ist gewaltig. So geht es für mich durch Felder und an Siedlungen vorbei, bis ich eine kleine Hütte finde die für heute mein Nachtlager sein soll.
Die Nacht ist ruhig und ich schlafe wie ein Stein. Am Morgen werde ich von zwitschernden Vögeln und dem Geräusch einer Motorsäge geweckt. Die Vorfreude auf noch mehr Schotter ist groß und so geht es nach einem kleinen Frühstück weiter in Richtung Norden.
Die Kilometer vergehen in den nächsten Tagen wie im Flug. Lange Passagen auf Schotter wechseln sich mit kurzen Stücken auf Asphalt ab. Die Landschaft fliegt und es macht mir große Freude durch die Natur auf kleinen Wegen immer weiter in Richtung Norden zu fahren.
Der TET besteht hier im Süden hauptsächlich aus leichten Schotter Strecken, ab und zu werden die Strecken zu kleinen Trails, die dann auch etwas mehr Aufmerksamkeit erfordern. Zumindest mit meiner BMW 800 GS Adventure und viel Gepäck. Ich solch einer sandigen Passage bin ich bergab etwas langsam und schon liegt die BMW auf der Seite im Sand. Anfängerfehler!
Meine Nachtlager suche ich mir immer erst in der Dämmerung und das ist hier im Süden von Schweden im Juni erst sehr spät. Wenn es nicht dunkel werden würde könnte ich immer weiter fahren, so viel Spaß macht das Fahren auf den Schotter Strecken.
Ich fahre nun schon seit vielen Stunden über Schotter und beginne so langsam mit der Suche nach einem Lager. Eigentlich möchte ich noch gar nicht anhalten, aber die Dämmerung kündigt schon die Nacht an. Meine Hoffnung ist es an einem riesigen See ein Lagerplatz zu finden.
Über Wege mit grobem Schotter und einer Menge Matsch fahre ich auf einer Landzunge bis es nicht mehr weiter geht. Fast am Ende gibt es links eine kleine Fläche auf die gerade so mein Zelt passt. Nachtlager, ich bin zufrieden!
Es wird dunkel und ich gehe zum See um mich zu waschen. Wind kommt auf und schemenhaft sehe ich am anderen Ufer zwei große dunkle Gestalten auf vier Pfoten. Vielleicht sind es Bären, doch genau kann ich es nicht erkennen. Bisher ist es mir noch nicht gelungen einen Bären in Skandinavien live zu sehen.
Der nächste Tag bringt wieder eine Menge Schotter, aber auch wieder anspruchsvolle Passagen. Eine Flussdurchfahrt von ca. 20 Meter Breite traue ich mir nicht zu und so geht es wieder 10 Kilometer zurück um eine neue Route zu wählen.
An diesem Tag habe ich das seltene Glück einen Braunbären in Skandinavien zu sehen. Mein Motorrad und ich tuckern gerade einen abgelegenen Schotterweg entlang, biegen um eine Kurve und überraschen dabei einen Bären der sich sofort im nächsten Gebüsch versteckt. WOW-war das gerade echt? Der Bär war gerade mal 20 Meter entfernt und trollte sich so schnell das ich keine Chance auf ein Foto hatte.
Der nächste Tag wird nass, nass, nass… Es hört einfach nicht auf zu regnen und obwohl es Sommer ist bin ich froh über die Heizgriffe der BMW. Die Landschaft wird karger je näher ich dem Polarkreis komme. In weniger Tagen werde ich in Kiruna sein und dann wird es spannend wie meine Reise weitergeht.
Die Anstrengungen der letzten Tage bleiben allerdings nicht ohne Folgen. Mit jedem Tag fühle ich mich immer schwächer. Ein Ruhetag wäre dringend von Nöten, aber das realisiere ich in meiner Euphorie nicht. Bei manchen Schotterstrecken bleibe ich sitzen, um etwas Kraft zu sparen, denn oft bin ich 10 bis 14 Stunden im Sattel.
Am Abend bietet mir eine kleine Hütte Schutz. Das Zelt wird direkt daneben aufgestellt. Trotz der Hütte als Wetterschutz wird meine Ausrüstung nicht mehr trocken. Nach einer langen Nacht empfängt mich der nächste Tag mit trockenem Wetter.
Meine Stimmung ist gut, doch ich fühle mich immer noch schwach. Die tolle Landschaft treibt mich jedoch vorwärts, immer weiter in Richtung Kiruna. Meine defekte Isomatte konnte ich in einer Stadt ersetzen und so hoffe ich auf mehr Erholung in den Nächten.
Hier oben im Norden gehen der TET und ich immer öfter getrennte Wege. Mein Ziel ist jetzt etwas klarer und wird mich in das Gebiet des Kebnekaise führen. Der Kebnekaise ist der höchste Berg von Schweden und dort möchte ich einige Besteigungen und Flüge mit dem Gleitschirm machen.
Aber zuerst bringt mich mein Körper zur Ruhe. In der folgenden Nacht wird mir übel und ich muss aus dem Zelt. Mein Körper und Geist sind von den letzten sieben Tagen völlig ausgezehrt. Um zu regenerieren benötige ich anderthalb Tage…
Frisch erholt trete ich die Weiterfahrt in Richtung Norden an. In einem letzten Lager vor Kiruna fressen mich die Mücken fast auf, doch meine Vorfreude auf die Bergtouren ist riesig groß.
Nach einigen hundert Kilometern auf Asphalt komme ich in Nikaltuluaka bei Kiruna an. Die kleine Fjällstation ist mir sehr vertraut, diente sie vor ein paar Jahren schon als Ausgangspunkt für unsere Besteigung des des Kebnekaise. Hier startet jetzt die größte Aktion der gesamten Tour am Motorrad. Das Gepäck muss vom Reisemodus in den hike and fly-Modus umgepackt werden.
Mit ca. 25 – 30 Kilo bepackt mache ich mich auf den Weg in Richtung Kebnekaise. Und dazu gibts eine eigene Geschichte.